Iberia 01: Valencia-Madrid

 Iberia 01: Valencia - Madrid

Ihr glücklichen Augen,
Was je ihr gesehen.
Es sei, wie es wolle,
Es war doch so schön!
          J.W. Goethe

8. - 13.5.2024 Planung und Anreise nach Valencia

Zwei Radtouren um Avignon : 41km

Es gerade sechs Wochen her, dass ich von der großen Reise durch Nicaragua und Bolivien zurückgekehrt bin. Ich habe mich gerade erst in Ginsheim wieder eingelebt. Aber unwiderstehlich zieht es mich erneut hinaus. Und natürlich, Thomas und ich haben auch für dieses Jahr wieder eine große Radtour geplant. Wie immer in den letzten 10 Jahren. Diesmal geht es nach Spanien, wie schon einmal 2019. Diese Reise hatte es uns angetan, wir hatten Spanien, seine wunderbaren Landschaften und Städte entdeckt und waren begeistert. Also noch einmal Spanien. Aber diesmal eine völlig andere Route. Von Valencia aus Richtung Westen über Quenca, Madrid, Salamanca nach Portugal bis Porto an der Atlantikküste. Von dort, diesmal nordwärts, immer die Küste entlang, Durch Galizien, das Baskenland, bis Bordeaux in Frankreich. Von dort aus soll es Mitte Juli per Bahn nach Hause gehen. So unser Plan.

Leider ergab sich wenige Tage vor der Abreise eine gravierende Änderung. Thomas, der Freund, der diese Reise wie immer akribisch geplant hatte, kann aus persönlichen Gründen vorerst nicht mitfahren. Leider. Aber alles war vorbereitet, die Zugtickets gebucht, das Rad gepackt. So entschloss ich mich, trotzdem zu fahren. Thomas will nachkommen sobald ihm das möglich ist. Vorerst fahre ich aber alleine. Etwas ungewohnt, aber doch frohen Mutes und in der Hoffnung, dass Thomas bald dabei sein kann.

So fuhr ich denn am Mittwoch, den 8. Mai wie geplant mit dem Zug bis nach Avignon. Dort blieb ich drei Tage, Denn Avignon ist ein Traum von einer Stadt. Ich schlenderte durch die engen Gassen der Altstadt, bewunderte die schönen, mittelalterlichen Gebäude, besuchte das Palais du Pape, päpstliche Residenz im 14. Jahrhundert. Genuss pur, nette Cafés, köstliches französisches Essen und guter Rotwein. Bei strahlender Sonne machte ich zwei ausgedehnte Radtouren in die Umgebung, nach Norden in Richtung Mont Ventoux und zum Pont du Gard. Einfach herrlich.








Als weniger angenehm entpuppte sich die Weiterreise nach Spanien. Zum Grenzort Portbou kam ich fahrplanmäßig. Doch dann begann das Abenteuer. Es zeigte sich, dass die spanische Bahn offenbar nicht besser funktioniert als die deutsche. Die Regionalzüge in Richtung Barcelona waren alle gestrichen, wie man mir sagte,  hatte jemand wichtige Kabel geklaut. Gott sei Dank gab es zumindest einen Ersatzzug, der auch gefühlt Stunden später losfuhr, nachdem man den erforderlichen Zugführer aufgetrieben hatte. Er brachte mich und andere irritierte Reisende bis 20 km vor Barcelona. Die anderen Reisenden mussten sich dann in Ersatzbusse drängen, ich fuhr den Rest bis ins Stadtzentrum fröhlich mit dem Fahrrad auf tollen, hervorragend ausgebauten Radwegen.  

Am folgenden Tag sollte es weiter mit dem Zug nach Valencia gehen. Aber weit gefehlt. Immer noch waren sämtliche Regionalzüge um Barcelona ausgefallen, aus technischen Gründen, auch für die nächsten Tage. Was tun? In Fernzügen hatte ich mit dem Fahrrad keine Chance. Der Bahnbeamte gab mir den Tipp, es mit einem Bus zu versuchen. So radelte ich quer durch Barcelona zum Busbahnhof Nord und siehe da, es klappte. Das Busunternehmen Salsa nahm mich inclusive Fahrrad mit.  Am späten Nachmittag. Aber immerhin. Das Fahrrad musste ich in eine große Tasche verpacken, die man mir zusätzlich zum Ticket verkaufte. Mit abmontiertem Vorderrad. So erreichte ich am späten Abend València. 

14. - 15.5.2024. Valencia

Ich blieb zwei Tage in Valencia. Es ist eine wunderschöne Stadt, mit einem zauberhaften historischen Zentrum und einiger avantgardistischer Bauwerke in der „Ciudad of Art and Ciencias“. 




Ich hatte ein nettes Zimmer in einem „Shared Apartment“ in der Nähe der Altstadt gebucht, allerdings im sechsten Stock mit einem winzigen Aufzug. Die Gastgeberin bereitete mich schon drauf vor, dass ich mein E-Bike durch das enge Treppenhaus hochschleppen müsse. Doch dann fiel ihr ein, dass Papa in der Nähe eine Garage hat. Ein kurzer Anruf, und es klappte und ich konnte mein Rad dort unterstellen. Gott sei Dank.





Am ersten Tag nahm ich an einer Free Walking Tour teil, um einen Überblick zu bekommen und anschließend auf eigene Faust durch die historische Altstadt zu schlendern mit ihren schönen Plätzen, der Kathedrale, dem Kunstmuseum und vor allem den zahlreichen „Bauwerken des Modernisme“, erbaut in den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Wie den Zentralmarkt, den Mercado de Colón, das Rathaus, das Postamt, den Nordbahnhof und zahlreiche Bürgerhäuser. Herrliche Gebäude, eine Augenweide. Natürlich war ich auch im „Museo de Bellas Artes“. Der Schwerpunkt der Darstellung des Leiden Jesu und seine Jünger aus der Zeit der Gegenreformation stieß allerdings nicht ganz auf meine Begeisterung.







Valencia ist offensichtlich recht innovativ. Nach häufigen Überschwemmungen hat man den Fluss Turia in den fünfziger Jahren aus der Innenstadt verbannt und an den Stadtrand verlegt. Das ehemalige Flussbett gestaltete man als über 10 km lange Parklandschaft. Während eines Spaziergangs dort lief mir der Wiedehopf über den Weg, auf zwei Metern Entfernung. Unglaublich. Bei uns er eine absolute Rarität.





 In diesem Areal wurden zudem faszinierende avantgardistische Gebäude errichtet, die Ciudad de las Artes y las Ciencias. Das Kunstmuseum Reina Sophia, das Museum der Wissenschaften, ein Opernhaus, ein Konzerthaus, die Ozeanografic. Sehr ausgefallene, innovative Architektur. Als früherer Aquarianer interessierte mich vor allem die Ozeanografic.  Es ist die größte Einrichtung seiner Art in Europa und präsentiert die maritimen Lebensbereiche aller Klimazonen der Welt mit ihrer Tierwelt in faszinierender Weise. Ich war begeistert.

16.5.2024. Tour Valencia- Chulilla, 79km, 700 Höhenmeter rauf

Endlich konnte ich in die Pedale treten. Es wurde ein herrlicher, sonniger Tag. Zunächst ging es quer durch die Stadt, dann folgte ich dem naturbelassenen Rio Turia für weitere gut 20 km auf einem recht MO beschwerlichen Schotterweg. Immer wieder führte der Weg durch mannshohes Schilf. An zwei Stellen gab es ausgedehnte frühere Brandflächen, denen auch die beiden Brücken über den Fluss zum Opfer gefallen waren, so dass ich mir Alternativen suchen musste.




 Es folgte ein wunderschöner Radweg auf einer ehemaligen Bahntrasse bis etwa zur Stadt Lliria. Links und rechts gab es ausgedehnte Orangenhaine. Es folgte eine Radstrecke entlang einer Autostraße, daneben riesige Lagerhallen, offenbar ist hier ein Logistikzentrum. Das ist nicht schön. Die letzten ca 15km vor dem Zielort Chulilla wurde es zunehmend bergig.






 Der Ort Chulilla liegt malerisch oberhalb eines tief eingeschnittenen Canyons. Ich ging einen Rundweg oberhalb des Canyons, der mir gute Ausblicken in die Schlucht bot. Dabei konnte ich in den steilen Wänden Kletterer beobachten. Oberhalb des Ortes liegt eine Burgruine, von den Mauren begründet und ab dem 13. Jahrhundert von Christen weiter ausgebaut und genutzt. Ein interessanter Ort. Meine Bleibe war das Hostal El Pozo.







17.5.2024  Chulilla  - Castillo de Moya, 91km, ca 2.000 Höhenmeter rauf

Dieser Tag brachte mich absolut an meine Grenzen. Er versprach sehr sonnig zu werden. Später am Nachmittag zogen Wolken auf, es blieb aber trocken. An den letzten Tagen setzte jeweils um etwa 11:00 Uhr ein heftiger, frischer Westwind ein, ähnlich, wenn auch nicht ganz so stark wie wir das aus Patagonien kannten. Dieser Gegenwind ist ziemlich kräfteraubend.

Die Strecke führte zunächst 5 km zurück und anschließend weiter durch eine schöne Berglandschaft. Es ging durchweg eine wenig befahrene Straße entlang, mit einem ausreichend breiten Seitenstreifen. Ich fuhr stetig, teils kräftig, bergauf, insgesamt auf diesem Streckenteil 1.300 Höhenmeter. Links und rechts begleiteten mich überwiegend Olivenhaine, teils auch noch Obstplantagen. Später folgten tief eingeschnittene Canyons, tief unten der Fluss Turia. Kurz vor Santa Cruz der Moja kam dann, als Belohnung für den langen Aufstieg, eine kilometerlange schöne Abfahrt.

Eigentlich war dieser Ort als Schluss der Tagesstrecke geplant. Dummerweise hatte ich hier keine Unterkunft gefunden, so dass ich nach einer Alternative suchen musste. Ich fand sie in Castillo de Moya, ca . 20 km weiter, allerdings nicht weit entfernt von der weiteren Tourenstrecke. Nur, dieser Abschnitt begann mit einem steilen, anstrengenden Aufstieg von über 400 Höhenmetern auf kurzer Strecke. Anschließend führte mich mein GPS über kilometerlange, schwer zu fahrende Feldwege.  Offenbar die kürzeste Strecke. Obwohl ich sparsam gefahren war, selbst auf Anstiegen oft nur in der niedrigsten Stufe, ging meine Batterie allmählich zur Neige. 



Schließlich hatte ich das Ziel Castillo de Moja vor Augen. Aber oh Schreck. Ich hätte es mir aufgrund des Namens denken können, es war es ein Schlossruine, hoch oben auf einem Berg. Es half nichts, ich musste hinauf. Die ersten Serpentinen schaffte meine Batterie noch, doch dann gab sie ihren Geist auf. Ich musste mein schweres E-Bike die letzten mehrere 100 m hochschieben. Fix und alle kam ich oben an. Insgesamt 2.000 Höhenmeter an einem Tag, das war verdammt viel. Die Belohnung war ein wahnsinnig schöner Rundblick, den ich aber gerade nicht recht genießen konnte. Aber die Unterkunft „La Albacara“ entpuppte sich als Super Hotel, dessen einziger Gast ich in dieser Nacht war. Als Abendessen bekam ich ein vorzügliches mehrgängiges Menü serviert. Das versöhnte mich mit der Anstrengung des Tages. Nachts musste ich mir allerdings eine zweite Decke zum Zudecken nehmen, es war schweinekalt.

18.5.2024. Castillo de Moya - Fuentes  83km, 500 Höhenmeter rauf

Wieder war es ein herrlicher Tag, sonnig, morgens frisch, aber aufgrund des Windes auch nachmittags kaum über 20 Grad. Ideales Radelwetter. Schade, dass Thomas nicht dabei ist. Ich hoffe sehr, dass er nachkommt. Aber trotzdem, auch als Alleine-Radler geht es mir gut. Es ist einfach schön, den ganzen Tag draußen zu sein, Sonne und blauer Himmel über mir, unterschiedliche Landschaften und Vegetationen wahrzunehmen, sich seinen Gedanken hinzugeben, sich körperlich auszuagieren, so dass ich abends rechtschaffen müde bin. So geht es mir verdammt gut. Die Welt ist wunderschön. Noch schöner wäre es nur noch zu zweit.

Jetzt, am Morgen, konnte ich den herrlichen Rundblick von der Burg aus genießen. Vorher bekam ich ein fürstliches Frühstück mit Rührei, dicken Scheiben Serrano-Schinken, Tostadas, also geröstetes Brot mit einem Tomatenmus und Olivenöl (hier ein häufiges Frühstück). Das brauchen Sie für Ihre Radtour heute, meinte die Bedienung, ein netter, angehender Geschichtslehrer. Offenbar fand man das bewundernswert mit meiner Radtour. Und dann kam die Abfahrt, wo ich tags zuvor schieben musste, herrlich. 

Nach ca 6 km hatte ich unsere Route wieder erreicht. Es ging den ganzen Tag eine schöne, wenig befahrene Straße entlang, wieder durch eine herrliche und abwechslungsreiche Landschaft. Bergig, mit lichten Kiefernwäldern, eine lange Strecke auch eine Art Macchia, steiniger Boden mit stacheligen Hecken und niedrigem Bewuchs, mediterrane Natur eben. Begleitet wurde ich von dem Gesang der Vögel. Arten, die bei uns selten sind wie die Heidelerche, die Grauammer oder eben der Wiedehopf sind häufig. Ich bewegte mich auf einer Höhe von ca 900 bis 1.200 Metern, einfach zu fahren bei weniger Steigungen als gestern. Wenn nicht wieder der heftige Gegenwind wäre. 

Das Land ist irgendwie leer, sehr dünn besiedelt, ca alle 15km mal eine Ortschaft. Auffallend ist auch, dass ich bislang keinem einzigen Tourenradler begegnet bin, auch sonst gibt es wenige Radler. Offenbar ist die Strecke wenig bekannt. 

Später ging es entlang des Flüsschens Rio Cabriel. Rechts erhoben sich steil aufragend bizarre rote Sandsteinformationen, wunderschön. 

Ich hatte nicht das ursprünglich geplante Carboneras de Guadazon als Ziel genommen, sondern fuhr noch 20 km weiter bis Fuentes, zumal ich heute am Anfang später eingesetzt hatte. Dort blieb ich im einfachen, aber netten Hostal Los Palancares. Die Küche im einzigen Restaurant am Ort öffnete erst um 21.00 Uhr. In Spanien isst man halt verdammt spät. Mir war das zu spät, so begnügte ich mich mit einigen Tapas von der Theke.

19.5.2024. Fuentes - Cuenca   20km

Es war nur ein kurzer Sprung bis Cuenca, zudem meist bequem bergab. Ich fuhr früh los, so dass ich noch an einer Stadtführung teilnehmen konnte. Cuenca ist eine von nur 15 Städten in Spanien, die als UNESCO-Weltkulturerbestätte ausgezeichnet sind. Sie trohnt mit ihrer mittelalterlichen Altstadt hoch oben auf einem steilen Felsplateau. Weltweit berühmt sind ihre „Casa Colgadas“, hängende Häuser. Sie wurden im 14.  Jh. erbaut und ragen in schwindelerregender Höhe über die Felsen hinaus. Die Innenräume werden als Museum für abstrakte Kunst Spaniens genutzt. Wie in Valencia wieder ein Beispiel für eine gelungene Synthese zwischen Alt und Neu.










Ich wohnte im Hostal Posada Huecar und nutzte diesen Tag gemütlich als Ruhetag. Die 20 km am Morgen, was war das schon!

20.5.2024. Cuenca - Carrascosa del Campo  60km  ca 500 HM rauf

Wieder schönes Wetter, Sonne pur, allerdings erreichte das Thermometer kaum 20 Grad. Schuld war der kalte Westwind, also Gegenwind, der wie immer um ca 11 Uhr einsetzte.

Ab Cuenca kam zunächst wieder mal eine Schotterstrecke, aber nur wenige Kilometer. Dann fuhr ich den ganzen Tag auf einer „Via del Servicio“, also einer Servicestrasse neben der  Autobahn A40. Sehr gut asphaltiert, leer, ich traf höchstens fünf Autos. Es ging teils steil bis zu 12%, hoch auf eine Passhöhe von 1.200 HM, dann kam eine schöne Abfahrt, und weiter ging’s auf ziemlich gleichbleibender Höhe. Die Strecke war langweilig, erst die letzten 15km wurde eine recht schöne Landschaft sichtbar. Auf der ganzen Strecke gab es keine einzige Ortschaft, nichts außer zum Glück einer Bar neben einer Tankstelle mit Zugang zur Autobahn. Für einen Espresso und einen üppigen Bocadillo, der für zwei Mahlzeiten reicht. An einer einsamen Bushaltestelle traf ich einen „jüngeren“ Mann, 59 Jahre. Er wohnte etwas abseits in einem Dorf mit 15 Einwohnern und hatte zwei Jahre in Hannover gelebt. Das ist eine andere Welt, meinte er.

Bereits um 15.30 Uhr traf ich inclusive einiger Pausen in Carrascosa ein, es war heute ein kurzer Radeltag. Wieder nahm ich ein Hotelzimmer. Es gab die gesamte Tour bislang keinen Campingplatz. Aber ich glaube, mir wär’s dafür auch noch zu kalt. 

21.5.2024 Carrascosa  del Campo - Páralos de Tajuna   87km  600 HM Rauf

Es hatte nachts geregnet, erstmals auf dieser Tour. Aber der Regen hatte erbarmen, pünktlich zu meinem Aufbruch um 8:30 Uhr hörte es auf. Was beliebt den ganzen Tag bewölkt, bei wenig Sonne zwischendurch Die Temperaturen lagen zwischen 17 und 23°. 

Es ging zunächst weiter auf der Via de Servicio. Ca. Ab Kilometer 18 bog ich ab auf eine  schmale Landstraße nordwärts. Nach wie vor war die Landschaft leer, die 1-2 Dörfer wirkten  ausgestorben. Ich bin sicher, dass ein Großteil der Häuser dort nicht bewohnt ist. So dünn besiedelte Gebiete dürfte es in Deutschland kaum geben, Nicht mal in der Eifel. Doch dann kam ein netter Ort, Barajas de Melo. Es gab einen Supermarkt, dh. ein winziges Geschäft für das Allernötigste, eine Bar mit einem passablen Espresso und ein Centro  de Mayores, also ein Seniorenzentrum. Das schien mir hier auch angebracht. Ich fuhr trotzdem weiter.

Nämlich auf schmalen Landstraßen und asphaltierten Feldwegen durch eine hügelige Landschaft mit vielen Getreidefeldern, häufig leuchtend rot aufgrund der vielen Mohnblumen. Später begann eine gut zu fahrende Via Verde, also ein Wander- und Radweg, der mich bis zu meinem heutigen Ziel führte. Diese Strecke ist übrigens Teil des Jakobswegs „Camino Ucles“, der in Madrid endet, aber über den man über weitere Pilgerwege nach gut 700 km Santiago de Compostela erreichen kann. Aber da wollte ich heute nicht mehr hin, mir reichen insgesamt 87 km bis zu einem netten Hotel und zu einem guten Burger. Ich werde in Spanien wohl noch zum Burger Fan.

21.5.2024. Páralos de Tajuña - Madrid  52km  450 HM

Es ging weiter die Via Verde del Río Tajuña  bis Morata de Tajuña, dann auf der Straße hoch über eine Erhebung, später entlang eines guten, kräftig rot markierten Radweges. Später ging es entlang einer schönen Parkanlage am Rio Jarama nach Madrid hinein. Mir kamen ganze Pulks an Rennradlern entgegen, erstaunlich. Dann las ich auf einem Plakat, dass am Samstag ein Radrennen angesagt ist. Wahrscheinlich waren das Trainingsrunden. 

Untergebracht bin ich einem Achtbett-Zimmer in einem Hostal. Hört sich heftig an, ist aber recht komfortabel und gut erträglich, mit einer Art Schlafkojen für jeden und dadurch einer gewissen Privatsphäre. 

Am Nachmittag habe ich eine erste Runde durch die belebten Fußgängerzonen und verwinkelten Gassen der Innenstadt, zum Plaza Mayor und zum Palacio Real unternommen. Ist schon sehr eindrucksvoll. 

22. - 23.5.2024. Madrid

Zweieinhalb Tage Madrid, das ist verdammt wenig. Das hieß, sich auf das Wesentliche konzentrieren. Auf das also, was ich für wesentlich hielt.

Das Rad blieb komplett stehen, ich ging zu Fuß. Das Hostel Central House Madrid Lavapiés war richtig gut, inclusive der 8-Bett-Zimmer. Die Betten auf zwei Etagen waren stabil, mit Vorhängen gut abgetrennt. Von meinen ZimmergenossInnen bekam ich nix mit. 

Erstmal habe ich mir mit dem City Tour - Bus einen Überblick verschafft. Der Palacio Real hatte mich nicht beeindruckt, da musste ich nicht nochmals hin. Stattdessen gings ins Museo del Prado. Gut, dass ich mir vorher die Tickets per Internet besorgt hatte und mich nicht in die ewig lange Schlange vor dem Ticket-Schalter  anstellen musste. Der Besucherandrang hat seinen Grund, denn das Museum ist der Hammer. Es ist eines der bedeutendsten weltweit. Und es ist alles vertreten, was Rang und Namen hat: Goya, Velasquez, Rubens, Ribera, Tizian, der von mir besonders geschätzte Caravaggio und viele mehr. Es ist unmöglich, alles zu sehen. Den Rest des Tages schlenderte ich durch die Stadt, um die lebendige Atmosphäre aufzusaugen. Neben den kleinen Altstadt-Gassen mit den zahlreichen verlockenden Bodegas und Tapas-Kneipen hat mich vor allem die Gran Via beeindruckt. Eine Promenade der Superlative, gesäumt von prächtigen Gebäuden mit hohen Belle-Epoque-Fassaden, eröffnet 1910. Geschmückt mit kunstvollen Säulen, Kuppeln, Türmen, Figuren. Welch eine Pracht. 

Am nächsten Tag war ich früh der erste Besucher des Museo Reina Sophia, ein bedeutendes Museum für zeitgenössische Kunst. Highlights sind Picasso, Miro und Dalí. Die Attraktion ist „Guernica“ von Picasso. Mich interessierten besonders Fotos, Plakate und Bilder aus der bewegten Zeit des spanischen Bürgerkrieges. Mittags war Entspannung angesagt, im Parque del Buen Retiro, bei strahlender Sonne im Schatten der hohen Bäume. Ein wunderschöner, großer Park, mit künstlichen Seen, schmuckvollen Puertas, kleineren Palästen, Monumenten, u.a. die Figur des gefallenen Engel. Diese Figur ist mir in einem hervorragenden Roman des kubanischen Schriftstellers Leonardo Padura begegnet und hatte mich deshalb besonders interessiert.

Madrid hat mich begeistert. Eine Weltstadt mit viel Charme, mit gewachsenen, lebhaften Altstadtvierteln, schönen Plätzen, viel Grün, ein Eldorado für Kunstgeniesser und Liebhaber von gelungener städtischer Architektur. Nicht zu vergessen den kulinarischen Aspekt: es gibt überall eine gute und erschwingliche lokale Küche mit Tapas, Paella (die eigentlich aus Valencia stammt), Serano-Schinken ua. sowie natürlich Sangria, der mir zu süß ist, deshalb hielt ich mich an guten spanischen Wein. 

 

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