Aber dann, am Sonntag, 23.2.14, gings natürlich wieder aufs Fahrrad. Es folgten vier Tage mit strahlendem Sonnenschein und wolkenlosem Himmel. Die Hoffnung, dass die Straße jetzt besser ist, erfüllte sich nicht. Es ging weiter überwiegend mit Waschbrettpiste, Schüttel-Schüttel, und dazu zwei lange Anstiege, die wir überwiegend schoben, insgesamt wieder etwa drei lange Stunden. Aber dann erreichten wir den Rio Baker, ein Fluss, den wir nie vergessen werden. Teils reißend in einem engen Canyon fließend, teils in einem breiteren Flussbett, aber immer tiefblau. Nie haben wir einen Fluss mit einem solch intensiven Blau gesehen.
Am Folgetag erreichten wir den zweitgrößten See nach dem Titicaca-See, den Lago General Carrera, in Argentinien Lago Buenos Aires genannt. Auch er von einem intensiven Türkisblau durch das Gletscherwasser, das ihn speist, von dem teilweise sichtbaren Campo Hielo del Norte, dem nördlichen Eisfeld. Immer wieder hatten wir einmalige Blicke auf die umgebende Berg- und Gletscherwelt.
Schließlich, nach etwa 40km anstrengenden Fahrens auf und ab, langsam über Waschbrett-Rillen, darunter einige heftige Rampen mühsam hoch strampelnd oder schiebend, erreichten wir eine kleine estancia mit einem Schild, auf dem wir " Serveza", "es gibt Bier" lasen.
Keine Frage, das konnten wir uns nicht entgehen lassen, das war wie Wolke sieben. So hielten wir und baten die Bäuerin um zwei Flaschen Bier. Sie nickte und begann, eine Tüte mit frisch gepflückten Kirschen aus dem eigenen Garten zu füllen. Die waren lecker und wir freuten uns darüber. Dennoch fragten wir hartnäckig nach unserem Bierchen. Jetzt schaute die Bäuerin sehr verwundert, dann fing sie lauthals an zu lachen. "No hay serveza, hay sereza" sagte sie, und schlagartig wurde uns unser Irrtum klar. Wir hatten cerveza (Bier) mit Cerezas (Kirschen) verwechselt. So mussten wir leider auf unser Bier verzichten, hielten uns dafür an den Kirschen schadhaft und schlugen für die Nacht unsere Zelte in ihrem Garten auf, der zugleich ihr reichlich bevölkerter Hühnerhof war. Wir genossen noch den schönen Sommernachmittag, abends gab es dann frisch gebackene Brote und gebackene Eier von glücklichen Hühnern.
Am Dienstag, 25.2.14 erreichten wir nach nur 35km den Ort Puerto Tranquilo. 35km, das klingt wenig. Aber auch wir mussten lernen, dass Entfernungen zu Hause etwas anderes sind. Bei Waschbrettpisten, die nur im Schritttempo befahrbar sind, dazu immer wieder hoch und runter mit unverhofften, brutal steilen Rampen, die manchmal nur schiebend zu überwinden sind, reicht es auch mal nach "nur" 35km. Und wir genossen unterwegs immer wieder die Schönheit der Buchten und der Ausblicke auf den See und die fast schon meditative Ruhe, die man hier findet und die vielleicht Anstoß für die Namensgebung des Ortes war (tranquilo = ruhig). Das am Vortag versäumte Bierchen holten wir, zusammen mit dem Deutsch-Schweizer Paar Christiane und Stefan in einer Cervezeria nach. Sie waren wie wir Richtung Norden unterwegs, eine Ausnahme unter den Radlern, hatten keine Zeitbegrenzung und wollten radeln, solange sie Lust haben. Mit ihnen verbrachten wir einen schönen Abend auf dem Zeltplatz Bellavista, auf dem wir unsere Zelte aufgeschlagen hatten.
Wir blieben einen Tag in Puerto Tranquilo und machten einen Bootsausflug zu den spektakulären Marmorhöhlen am Seeufer, entstanden aufgrund der Erosion durch Wasser und Wind. Die Säulenstrukturen und die Farbvariationen dieser Höhlen, in die wir teils mit dem Boot hinein fahren konnten, sind unglaublich. Einige wirken wie Kathedralen. Der strahlende Sonnenschein an diesem Tag unterstrich in ganz besonderer Weise die Schönheit dieser Naturphänomene sowie überhaupt dieses Sees und seiner Umgebung.
2 Kommentare:
Viel Spaß noch in den letzten 4 Wochen Eurer Reise und nicht
so viel Gegenwind.
Gruß Uwe Holl
Hallo zusammen, wunderschöner Bericht. Uns haben die Marmorhöhlen ebenfalls sehr beeindruckt. Wie sieht es aus mit Cerveca in Coyhaique heute Abend?
Liebe Grüße
Christiane und Stefan
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