Ib 03: Entlang Rio Duoro - Porto

 Ib 03:  Rio Douro - Porto



29.5.2024 Vitigudino - Freixo de Espada a Cinta   72km  1050 HM Rauf 

Am Morgen wurde ich von einer Gruppe von Jungs, die die Nacht durch gezecht hatten, lautstark und mit anerkennendem Schulterklopfen aus Vitigudino verabschiedet. Die Rinder am Wegesrand begnügte sich damit, dem seltsamen Radler mit stumpfen Augen nachzuschauen. 





Nach 30 km rettete mich eine geöffnete Bar mit einem belegten Brötchen mit Chorizo und einem Espresso. Es folgte ein recht hügeliger Weg durch eine blumenreiche, schöne Landschaft. Und schließlich, als Höhepunkt des Tages, der Blick hinunter in eine Schlucht, durch die sich, tiefblau,  der Fluss Douro schlängelt. Der Grenzfluss zwischen Spanien und Portugal. Es war ein Blick für die Götter, wunderschön.





 In Serpentinen ging es mehrere 100 m hinunter und schließlich über einen Damm, der den Rio Douro aufstaut. Mehrere verwaiste Wachhäuser deuteten auf die Grenze hin. Ein einsamer spanischer Grenzbeamter kam mir freundlich entgegen. Er war sichtlich froh, ein Schwätzchen halten zu können. Dem einsamen Radler ging es ebenso. Die Grenze sei über Jahre unbesetzt gewesen, erst seit sieben Monaten gäbe es auf spanischer Seite wieder einen Grenzposten, auf portugiesischer Seite nicht. 







Lange Abfahrten haben dummerweise immer die Kehrseite, dass danach wieder eine ebenso kräftige Bergfahrt kommt. Genauso war es auch hier. Zudem ist es seit gestern verdammt heiß geworden, bis 34 Grad. Und ich befinde mich nicht mehr auf einer Höhe von über 1.000 Metern. In solchen Momenten lobe ich mein E-Bike. Und denke an die alten Zeiten (bis vor zwei Jahren), als ich solche Strecken noch mühsam schnaubend und schwitzend mit meinem Reiserad ohne E bewältigen musste. Das macht schon einen Unterschied, auch wenn es mit dem E-Bike immer noch anstrengend ist..

Schließlich kam ich in Freixo de Espada a Cinta an und trank zunächst ein Erfrischungsgetränk in einer Bar. Es ist schon erstaunlich, dass schon 10 km weiter, nach der Grenze, eine völlig andere Sprache gesprochen wird. Aber zumindest die Vögel singen in der gleichen Sprache. 

Dummerweise ist heute Fronleichnam, in Spanien kein Feiertag, hier schon. Sämtliche Supermärkte und Restaurants haben geschlossen bzw. hatten geschlossene Gesellschaften. Mit Mühe bekam ich in einer Bar einen Toast. 


30.5.2024 Freixo - Foz Coa  67km   960 HM rauf

Ich fuhr früh los um 8.20 Uhr. Die Uhren gehen hier eine Stunde vor gegenüber Spanien und Deutschland. Es ging die ersten 10km hoch von ca 500 auf 800HM. Die sich anschließende Ecopista auf einer alten Eisenbahnstrecke nutzte ich nicht, sie ist für Wanderer vorgesehen und geeignet, aber als steiniger Feldweg für Radler eher nicht. 




Es war eine gemütliche Tour mit längeren Aufs und Abs durch eine schöne Landschaft, die ab und a den Blick auf den Rio Douro freigab und immer stärker von Weinbau geprägt war. Vielversprechend für einen guten Tropfen heute Abend. Erstmalig auf der Tour kam mir ein anderer Tourenradler mit vollem Gepäck entgegen, Math aus Kalifornien. Er will für mehrere Monate durch Südeuropa radeln.

Später kam eine schöne, lange Abfahrt von fast 500 runter bis 180 HM zu einer zu querenden Brücke über den Rio Douro. Da ist es gut, wenn die Bremsen funktionieren. 

Damit ich nicht übermütig wurde, kam die letzten 6km noch ein Anstieg von 300HM. Dann war das Städtchen Foz Coa erreicht und ich quartierte mich altersgemäß in der Pousada de Juventudes ein. In einem Zimmer zusammen mit zwei anderen Bikern. Allerdings Motorbikern. 


31.5.2024 Foz Coa - Pinhao.  66km. Ca 1.000HM rauf

Es wurde wieder ein phantastischer Tag, Sonne, makellos blauer Himmel (wenn ich die Wetternachrichten von zu Hause anschaue, krieg ich richtig Mitleid) und weiter eine schöne Berglandschaft. Zum Wachwerden gings erst mal kräftig nach oben. Insgesamt waren es heute fast 1.000 Höhenmeter, aber über den Tag verteilt und mit Pausen und einer Siesta mittags ging das gut. Die Strecke gilt bis Porto als eine der schönsten und befahrensten Motorrad-Strecken in Portugal, entsprechend begegnete ich gefühlt hunderten von Motorbikern.

Mir fällt auf, dass sich die Welt seit dem Grenzübertritt von Spanien verändert hat. Die Ortschaften sind belebter, gepflegter, mit zahlreichen piekfeinen Einfamilienhäusern. Erstaunlich, offenbar ist der Lebensstandard höher. 

Der absolute Höhepunkt kam am Nachmittag. Auf einer Höhe von 600m öffnete sich dem Blick ein weites Tal, üppig grün mit Weinreben so weit ich schauen konnte, tief unten in einer Schlucht der Fluss Douro. Ich konnte mich nicht sattsehen an dieser Landschaft, das Paradies kann nicht schöner sein. Langsam fuhr ich die Serpentinen hinunter, immer wieder anhaltend, um den Ausblick zu genießen. 






Schließlich erreichte ich am Ufer des Douro das Städten Pinhao, ein Zentrum des Portweins. Das Bahnhofsgebäude ist geschmückt mit sehenswerten Wandfliesen, die den Alltag der Menschen darstellen. 

Portwein kannte ich von früher als gern getrunkenen Aperitif bei Essens-Einladungen. Doch es ist Jahre, wenn nicht Jahrzehnte her, dass ich keinen Portwein mehr getrunken hatte. Dieses Versäumnis holte ich abends nach, zumindest ein Stück.  Verbunden mit dem Vorsatz, in Zukunft auch zu Hause wieder öfter Portwein zu trinken. In Memoriam an die fantastische Fahrt durch sein Anbaugebiet, das Tal des Rio Douro. 

1.6.2024  Pinhao - Resende.  59km. Ca 880 HM rauf

Die ersten 30km folgte ich direkt dem Rio Douro. Dann ging es allmählich hoch, um ca 300 HM . Es war weiter eine fantastische Strecke, mit einem Blick hinunter auf den Fluss  und in die Weite dieser unglaublich schönen Landschaft. Es war ein recht entspannter Tag, mit Pausen und viel Zeit, immer entlang der EN222. 

Frühzeitig kam ich an meinem Ziel, einem Öko-Tourismus- Betrieb an. Davon hatte ich allerdings nichts gemerkt. 

2.6.2024 Resende - Castello de Paiva.  102km.  1.780 HM rauf

Dieser Tag war heftig. 102km bei fast 1.800 HM ist verdammt viel. Es war ein Beispiel dafür, dass Planung und Realität nicht immer zusammenpassen. 

Dabei hatte es gut angefangen. Es ging weiter durch das Tal des Rio Douro, bei gewohnt schönstem Wetter, mit anstrengenden Bergauf, aber auch schönen, langen Bergab-Strecken, mit dem Blick in dieses herrliche Flusstal. In einem Café hatte ich erstmals hier zum Espresso ein Nata-Törtchen gegessen, diese leckere portugiesische








Ich wusste noch vom letzten Aufenthalt in Portugal, dass hier dem Mittagessen mehr Bedeutung zukommt als dem Abendessen. Restaurants und viele Cafés bieten günstige Mittags-Menüs an. Davon ließ ich mich heute Nachmittag verführen. Es gab ein gutes Hauptgericht, irgendwas mit Fleisch oder Fisch zur Wahl, danach Espresso oder Dessert, und dazu einen halben Liter Wein. Zusammen für ganze 7,50€. Da kann man nicht meckern. Ich gestehe aber, dass ich den halben Liter Rotwein so mitten am Tag nicht geschafft habe.

Für den Abend war ein Campingplatz vorgesehen. Darauf freute ich mich, denn bislang hatte ich noch nicht gezeltet. Ich wurde schon skeptisch, als es immer einsamer wurde und die Auf- und Abfahrten immer halsbrecherischer und unzugänglicher. Schließlich kam ich an der angezeigten Stelle am Rio Douro an, und es war lediglich ein offener Platz mit einigen festen Tischen und verschlossenen Holzhütten. Vorn am Flussufer tummelten sich eine Handvoll Badende. Wild campen kam nicht in Frage, denn mein E-Bike brauchte Stromabschluss. Also fuhr ich ein Stück zurück und fragte in einem Café nach Übernachtungsmöglichkeiten. Fehlanzeige, es gab in dieser einsamen Ecke absolut nichts. So blieb nichts als über Booking.com die nächstmögliche Unterkunft zu suchen. Denn ich hatte das Problem, dass meine Batterie trotz Fahrens auf niedriger Stufe bereits fast leer war nach der sehr langen und hügeligen Strecke. Ich fand eine Unterkunft in  ca 20km Entfernung (das war die nächst gelegene) und hoffte, dass ich es bis dahin schaffe. Ich schaffte es, weil ich selbst bei kräftigen Anstiegen „Öko“, also auf niedrigster Stufe fuhr und soweit es irgendwie ging auch „Off“. Ich hoffe, dass mir solche Eskapaden nicht mehr allzuoft passieren. 

3. - 5.6. 2024 Castello de Paiva - Porto   74km   890Hm rauf

Die gute Nachricht vorneweg: Thomas ist gestern Abend mit dem Flieger in Porto angekommen. Das Rad hatte er, gut verpackt, mit einer Spedition geschickt. Wir treffen uns heute Abend in Porto in der Jugendherberge. Ab da fahren wir in bewährter Manier wieder zusammen. Das freut mich sehr. 

Es war nochmal ein gutes Stück bis Porto, mit Ups und Downs in der ersten Hälfte, dann hinunter zur Küste bei Espinho und weiter nach Norden an der Küste entlang. Das Wetter war plötzlich diesig, die Sonne hinter einer Art Nebel verschwunden und es wurde frisch. Dieses Phänomen galt nur für die direkte Küstenlinie. 




Als ich um die Bucht von Porto, in die der Rio Douro mündet, wieder landeinwärts in die Stadt fuhr, gab es wieder pralle Sonne. In der Pousada de Juventude traf ich auf Thomas. 

Wir hatten 1 1/2 Tage für die Stadt Porto. Für mich war es eine Umstellung, aus der relativen Einsamkeit in dieses Menschengewimmel zu kommen. Porto ist ein touristischer Hotspot. Eine Stadt mit eigener Prägung. Straßen, die um die Bucht führen mit ehemaligen Hafengebäuden, Geschäften, Verkaufsständen, Restaurants. Das historische Viertel, das sich mit seinen gepflasterten Strassen und engen Gassen den Hang hinauf winden, mit repräsentativen Gebäuden, Kathedralen dazwischen. Seine Bauten reichen bis ins 15. Jh zurück, viele sind, typisch, mit Kacheln verkleidet, haben kunstvoll geschmiedete winzige Balkone vor den Fenstern. Aber es wirkt nicht museal auf Hochglanz poliert wie andere Touristenorte, sondern auch mit dem Charme des nicht Perfekten, Verwitterten, Morbiden. Nicht wenige Häuser sind zerfallen, unbewohnt, mit zerbrochenen Scheiben, oft sind Häuser geschmacklos saniert und neuere Häuser phantasielos dazwischen gequetscht.  Wäsche hängt zum Trocknen außen vor den Fenstern, es findet offensichtlich Alltagsleben statt. Das alles hat einen sehr eigenen Reiz, der noch mehr zur Geltung käme, wenn man den überbordenden Autoverkehr reduzieren würde. 







Wir schlenderten durch die Straßen, bewunderten die kunstvollen riesigen Kacheln, mit denen das Bahnhofsgebäude ausgestaltet ist, aßen die typischen Nata-Küchlein zu unserem Espresso, tranken als Absacker abends ein gutes Glas Portwein. All das macht zu Zweit mehr Spaß als alleine.



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