SP19-05 Durch die Extremadura


Durch Andalusien und die Extremadura
Von Sevilla aus führte uns die Tour noch etwa zwei Tage durch das westliche Andalusien. Unsere Route ab Sevilla ging entlang der Via de la Plata, einem uralten Handelsweg zwischen dem Norden und dem Süden Spaniens, der vor 2.000 Jahren von den Römern gepflastert wurde. Teile der Pflasterung sind noch vorhanden, ebenso Brücken und römische Meilensteine. 








Gleichzeitig ist die Route Teil des europäischen Fernradweges Eurovelo 1 und einer der Jakobs-Pilgerwege nach Santiago de Compostela. Dementsprechend trafen wir unterwegs zahlreiche Pilger, die meisten zu Fuß, aber auch einige wie wir per Rad unterwegs. 



Unser Zelt blieb seit Sevilla eingepackt, wir übernachteten durchweg in Pilgerherbergen, in denen wir stolz unseren Stempel in unser Pilgerbüchlein entgegennehmen konnten. 



Meist waren mehrere Pilger in der Herberge, manchmal waren wir aber auch alleine. Die Pilger sind Menschen unterschiedlichen Alters und aus aller Herren Länder, aber immer sehr kommunikativ. In der Regel sitzt man abends zusammen, erzählt, tauscht Reisegeschichten aus, es ist immer interessant und unterhaltsam. 



So wurde auch einmal gemeinsam gekocht, Spaghetti, angeleitet von zwei couragierten italienischen Radlern, ein anderes Mal gingen wir alle zusammen essen in einem guten Restaurant.
An die Tageszeiten in Spanien mussten wir uns erst gewöhnen. So radelten wir mittags um 16.30 Uhr in ein Städtchen, und es war absolut tot. Kein Mensch auf der Straße, die Geschäfte alle zu. Ist heute Feiertag, den wir übersehen haben? Nichts dergleichen. Es war noch Siesta, erst ab 17.oo Uhr öffneten die Geschäfte und eine Stunde später war alles voller Leben. Ähnlich erging es uns mit den Essenszeiten. Gegen 20.oo Uhr standen wir vor einem guten Restaurant, das uns empfohlen worden war. Schließlich mussten wir spätestens um 22.oo Uhr in der Herberge sein und wollten vorher noch gemütlich essen. Aber keine Chance, das Lokal öffnete erst um 21.oo Uhr, so dass es dann doch sehr knapp wurde. Mittags ist es ähnlich, die Restaurants bieten in der Regel von 14.oo – 16.oo Uhr ein Mittagsmenü an.
Teilweise fahren wir auf Straßen mit wenig Verkehr, überwiegend aber sind unsere Wege identisch mit denen der Wanderer. Da geht es dann über Schotter, Feldwege, schmale Pfade, Mountainbike-Strecken eigentlich, auf denen man immer wieder Viehgatter öffnen und schließen musste. Diese Wege waren gut fahrbar bis völlig zerfurcht, so dass wir ganze Strecken fluchend schieben mussten. Obwohl wir keine Berge überwinden mussten, kommen wir fast täglich auf 500 – 800m Anstiege und die Tagesetappen von 60 – über 80km sind gerade aufgrund der Schotter- und Feldwege durchaus eine sportliche Herausforderung.










Nach Sevilla ging es noch zwei Tage durch das westliche Andalusien. Weiter ging es dann in die Extremadura, das Kernland Spaniens, wobei die Landschaftsstrukturen ineinander übergingen. Die Extremadura ist überwiegend geprägt von sehr kargen Böden, die als Weideflächen genutzt werden und locker von Kork- und Steineichen bewachsen sind. 













Das Land ist sanft hügelig, sehr dünn besiedelt, so dass es durch seine Weite besticht und sehr naturnah ist. Bewirtschaftet wird es extensiv von Dehesas, Gutshöfen, an denen wir in größeren Abständen vorbei fuhren. Die Rinde der Korkeichen wird von Zeit zu Zeit abgeschlagen und zu Weinkorken verarbeitet. Unter den Eichen leben Rinder, Schafe und vor allem halbwilde, rotbraune Schweine, die sich von den Eicheln ernähren und so den typischen, wohlschmeckenden Iberico-Schinken produzieren. An diesem Schinken kommt man in der Extremadura nicht vorbei, überall wird er angeboten und er ist wirklich wohlschmeckend. Vorausgesetzt, er wird nicht, wie es uns mehrfach passierte, lieblos als bocadillo zwischen ein staubtrockenes Brötchen gepackt, so dass man ihn kaum runterkriegt. Zentrum des Iberico-Schinkens ist das Städtchen Monesterio, in dem wir in einer Herberge übernachteten.
Gebietsweise, soweit es der Boden zulässt, gibt es auch Weinanbau und Olivenkulturen. 






Es war ein Vergnügen, durch diese abwechslungsreiche, intensiv grüne, meist von Hügelketten eingerahmte Landschaft der Extremadura zu radeln. Das Gebiet ist ein absolutes Eldorado für Störche. Sie gibt es überall, oft kolonie-artig eng zusammen brütend. Streckenweise gab es allerdings auch völlig baumlose, langweilige Agrarsteppen mit riesigen, oft bereits abgeernteten gelben Getreidefeldern oder auch große Flächen, die nur mit Ginster bestanden waren.
Richtig begeistert waren wir von sehenswerten, wunderschönen Perlen von kleinen Städten, durch die wir kamen und die uns an Städte in der Toscana erinnerten. Da war zunächst Zafra mit seinen engen Gassen und den schönen Plätzen im Zentrum. 


Unvergesslich ist Mérida, das bereits in der Römerzeit 50.000Einwohner hatte und eines der Zentren des römischen Reiches war. Zufällig wurde just, als wir da waren, ein Römerfest gefeiert. Fast die gesamt Stadtbevölkerung hatte sich in Togas und Tunikas gehüllt oder ging als römische Legionäre bewaffnet, so dass man sich völlig in die Römerzeit zurückversetzt fühlte. Und Zeugnisse aus dieser Zeit sind allgegenwärtig und hervorragend erhalten: das Theater und das Amphi-Theater, der Tempel der Diana, vor dem Theateraufführungen stattfanden, die 800m lange Römerbrücke, die längste des römischen Reiches, 2.000 Jahre alt, über die noch im 20. Jahrhundert die Autos in die Stadt fuhren, das 30m hohe Aquädukt, über das die Stadt mit Wasser versorgt wurde und auf dem heute –zig Storchenpaare nisten. 



















Noch nirgendwo haben wir römische Geschichte besser erhalten, eindrucksvoller und lebendiger wahrgenommen als hier in Mérida. Natürlich blieben wir einen Tag länger. Hinzu kam, dass der Herbergsvater unserer Pilgerunterkunft ein wirkliches Original war und wir uns sehr gut mit ihm verstanden. 




Absolut sehenswert ist Cácares mit einem der schönsten historischen Stadtzentren Spaniens, mit einer überwiegend erhaltenen Stadtmauer aus der Zeit der Mauren, schönen Gassen und Palästen von Adligen aus dem ausgehenden Mittelalter.
















 Auch hier blieben wir einen Tag, ließen die Schönheit dieser Stadt auf uns wirken und nahmen an einer guten Führung von Free-Tours teil. Erwähnenswert ist das Dorf Galisteo, auf einem Hügel erreichtet und mit einer komplett erhaltenen Stadtmauer, von den Mauren erbaut, umgeben.


I
Wir haben in der Extremadura erstaunlich wenige Touristen angetroffen, und wenn dann fast nur Spanier, aber so gut wie keine ausländischen. Offenbar ist dieses Gebiet mit seiner erlebenswerten Natur und den wunderschönen Städten noch ein Geheimtipp.
Jetzt sind wir am Ende der Extremadura angekommen, in dem Städtchen „Banos de Montemayor“. Wie der Name andeutet, gibt es ein Thermalbad und ein 2.000 Jahre altes römisches Bad, der Ort war damals bereits ein Zentrum für Spa, auch wenn es diesen Begriff noch nicht gab. 




Natürlich können wir nicht einfach weiterfahren, sondern bleiben einen Tag, um uns in den Thermen und in dem römischen Bad zu verweilen.

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