Mittwoch, 6. Februar 2019

Mya 06 Abschied von Myanmar

Abschied von Myanmar


Nach sechs faulen, aber herrlichen Tagen am Paradise Beach gings wieder auf die Räder, die schöne Strecke zurück nach Dawei.



Und von dort weiter in Richtung Mae Sot, um den Kreis zu schließen und zum Ablauf unseres Visums nach Thailand zurückzukehren.

Für die Strecke Dawei nach Mawlamyine gönnten wir uns das Abenteuer einer Zugfahrt. Das Abenteuer begann  bereits mit der Suche nach dem Bahnhof von  Dawei. Die Karte führte uns über Feldwege in eine abgelegene Gegend zu einem hässlichen Betonbunker, völlig vergammelt und menschenleer, keine Schalter oder Schilder, nichts. Aber es gab zumindest Gleise, das machte uns hoffnungsvoll. Irgendjemand versicherte uns, dass jeden Morgen um ca. 5.30 Uhr ein Zug abfährt. Und tatsächlich, als wir am kommenden Morgen sehr früh wieder kamen, waren da einige weitere einheimische Fahrgäste, jemand verkaufte an einem wackeligen Tisch Fahrkarten, und ein Zug kam langsam angefahren. Wir hatten Fahrkarten für die "Upper Class" erstanden, die Holzklasse wollten wir uns doch nicht zumuten. Die Fahrräder wurden verstaut, und um 6.oo Uhr setzte sich der Zug stotternd in Bewegung. Er erreichte etwa 27 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit, es holperte heftig und die Waggons schaukelten gefährlich hin und her. Spätestens jetzt waren wir für unsere gepolsterten Sitze in der "Upper class" dankbar.





So ratterten wir denn durch eine Landschaft, die entlang der Zugstrecke von Kautschukplantagen geprägt war, immer wieder mit den kleinen Hüttchen der Kautschuk-Bauern dazwischen. Wir hatten so unsere Bedenken. Ob der Zug denn bei dem Rattern und Schaukeln sich auch in den Gleisen halten würde?  Und tatsächlich: Nach mehreren Stunden ein lautes, erschrockenes Rufen, der Zug hielt abrupt an, das Zugpersonal rannte nach hinten. Von den Rädern des letzten Waggons hatte sich die Bolzen gelöst, der Waggon war entgleist und die Räder holperten über die Schwellen. Damit ist die Fahrt wohl zu Ende, dachten wir.



Aber keineswegs: Der Bolzen wurde gefunden und wieder eingesetzt, und nach drei Stunden Kraftanstrengung des Zugpersonals saß das Rad wieder auf den Gleisen, ganz ohne Kran, nur mit Hebeltechnik und einfachen Holzbohlen. So konnte die Fahrt fortgesetzt werden, und mit deutlicher Verspätung kamen wir nachts um 12.30 Uhr in Mawlamyine an. Das waren über 18 Stunden für die knapp 350km. Am Bahnhof erwartete bereits ein besorgter Angestellter des Hotels, in dem wir reserviert hatten, und geleitete uns dorthin.

Die 75km bis Hpa An legten wir wieder mit dem Fahrrad zurück, und es war eine der schönsten Strecken, die wir bislang gefahren waren. Mit abwechslungsreicher Kulturlandschaft und die Straße als schöne Allee bepflanzt radelten wir angenehm im Schatten.






 Unterwegs machten wir einen lohnenden Abstecher zu dem Kloster U Nar Auk. Die Tempel waren wirklich sehenswert mit ihren kunstvoll gestalteten Ornamenten und Giebeln. Vor allem gefiel uns die Fülle der sehr schönen Mosaiken und Reliefs, die Alltags- und Kampfszenen aus dem Mittelalter zeigten.



In Hpa An blieben wir für einige Tage im Hotel Glory für den Preis von 25$ für das Doppelzimmer pro Nacht. Es ist ein hübsches Städtchen und außerdem ein guter Ausgangspunkt für Erkundigungen der Umgebung, die wir per Rad unternahmen. So besuchten wir das Saddan Cave, eine riesige Tropfstein-Höhle, möbliert mit grell-bunt beleuchteten Buddha-Statuen und trotzdem Quartier für zahllose Fledermäuse. 30 Minuten dauert es zu Fuß, zurück gehts dann mit dem Ruderboot auf einem Wasserlauf, der unter den Felsen hindurchfließt.






Ein weiterer Ausflug galt dem Heiligtum Kyauk Ka Lat, das die Spitze eines etwa 40m steil aufragenden schmalen Felsen ziert.





Für eine weitere Unternehmung trennten wir uns: Thomas besuchte die Kawgon-Höhle mit über 10.000 Relief-Buddhas aus dem 7. Jahrhundert sowie die Yathaypya-Höhle, ein 500m langer Höhlenschlund mit Buddha-Figuren aus dem 15. Jahrhundert.



Heiner konnte es nicht lassen, den Zwe Kapin-Felsen zu erklimmen. Mit fast 800m steil aufragend erhebt sich dieser Berg weithin sichtbar über die Landschaft. Der Aufstieg auf diese 800m ist eine Herausforderung, teils ging es über felsige Pfade, überwiegend über unbarmherzig steile Treppenstufen. Heiner schaffte es in kurzen 11/2 Stunden, wobei der Muskelkater danach nicht vom Aufstieg sondern vom Abstieg herrührte.




 Faszinierend ist weniger das Kloster auf der Spitze, obwohl es ein berühmter Pilgerort ist, als vielmehr der traumhafte Ausblick in die Umgebung. Störend sind die Berge von Plastikmüll überall entlang des Pfades. Den Burmesen scheint das weniger aufzufallen. Sie lächeln solche Probleme wohl hinweg.


In Hpa An entdeckten wir das "Community Youth Café", in dessen großen Garten man herrlich sitzen und guten Espresso oder Mojito trinken und sich mit den Jungs unterhalten konnte, die hier bedienten.


Das Café war Teil eines Projektes zur Qualifizierung Jugendlicher, und die jungen Leute konnten einigermaßen Englisch. Abends gingen wir zum Nachtmarkt am Ufer des Sees. Zahlreiche Stände bieten frisch zubereitete Gerichte an, sauber, lecker, variationsreich und zudem sehr günstig. Auf kleinen Hockern saßen wir dort zwischen Einheimischen und aßen für umgerechnet kaum mehr als 1€ ein gut gewürztes Gericht mit Reis und vielen frischen Kräutern oder für 4€ einen frisch gegrillten Fisch für zwei Personen. Für Europäer lebt es sich in diesem Land unglaublich günstig.



Der Rückweg ging wieder über Kawkareik, aber über einen anderen Streckenverlauf als auf dem Hinweg. Unsere Hoffnung auf eine bessere Straße wurde enttäuscht. Wieder ging es über grauenhafte Schlaglöcher, links und rechts der unregelmäßig abbrechenden löchrigen Asphaltpiste war roter Sand. Jeder der zahlreichen LKW oder Busse, die uns überholten, hüllte uns in eine Wolke roten Staubes. Diesmal übernachteten wir in Kawkareik, einem sehr ärmlichen, schmuddeligen kleinen Landstädtchen. Am folgenden Tag war die Straße zwar erheblich besser, das Hochstrampeln auf den fast 500m hohen Pass bei gnadenloser Hitze von 40° C war aber verdammt kräftezehrend.


Bei Myadwaddy fuhren wir über die Grenze nach Mae Sot in Thailand. Das hieß, Abschied nehmen vom Myanmar, von "Mingalabar" (Willkommen) und von "Jessubar" (Danke), Worte, die wir gerade erst mühsam gelernt hatten. Und Abschied nehmen von den freundlichen Zurufen vieler Menschen und dem herzlichen Winken der Kinder, die Menschen in Thailand sind distanzierter. Abchied von den Frauen und Mädchen in ihren hübschen Longyis und mit der weißen Thanakha-Paste stolz als MakeUp im Gesicht getragen.


Bereits nach wenigen Kilometern in Thailand fiel uns nochmals auf, wie unterschiedlich der Lebensstandard dieser beiden Länder ist. Kaputte Straßen in Myanmar, Sandpisten statt Bürgersteige, Stelzenhäuser aus Holz, auf dem Land oder in Städten wie in Kawkareik oft ärmlich und abgerissen, kleine Geschäfte überall vollgestopft mit Krimskrams, lediglich die Handy-Läden ragen reich bestückt und geordnet wie Kleinode heraus, uralte Traktoren und Kleintransporter, wuseliges Leben, Plastikmüll allerorten, das Essen meist sehr einfach, zum Frühstück z.B. gebratener Reis spärlich mit Gemüse darin und ein Spiegelei darüber. Über allen Orten vor allem am Vormittag ein beißender Qualm von kleinen Feuern, mit denen zusammengekehrte Blätter und Abfall einschließlich Plastik verbrannt wird. Mae Sot dagegen eine moderne Stadt, Häuser meist aus Stein und gepflegt, intakte Straßen und befestigte Bürgersteige, moderne Geschäfte mit attraktiv gestalteten Auslagen, ausladende Gewerbegebiete, etwas weniger Mopeds, dafür zahlreiche fette Pickups der Marke Hilux von Toyota auf den Straßen. Vielleicht ändert sich dieser Eindruck ja noch in den ländlicheren Gebieten Thailands, durch die wir noch fahren werden. Jedenfalls hatten wir beim Abschied von Myanmar ein Gefühl von Wehmut. Wir hatten viel Sympathie für die freundlichen und bei aller Armut irgendwie fröhlichen und das Leben positiv nehmenden Menschen gewonnen. Und für ihre Offenheit, Gastfreundschaft und unverfälschte Ehrlichkeit. Es ist uns zum Beispiel kaum gelungen, Trinkgeld zu geben, selbst wenn es uns angebracht erschien. Die Bedienungen bestanden immer darauf, dass genau der korrekt berechnete Betrag gezahlt wird. Zuviel hingelegtes Geld wurde in aller Regel sogar mit deutlichem Nachdruck zurückgegeben. Oder eine kleine Episode als Abschluss dieses Posts: Auf dem Weg zu dem Zwe Kapin-Felsen kaufte Heiner am frühen Morgen einen Bund Bananen. Statt des geforderten 1000-Kyat-Scheins legte er aus Versehen einen 10.000er Schein hin, beide sehen sich sehr ähnlich. Dann fuhr er weiter. 10 Minuten später überholte ihn ein Moped und winkte ihn an den Straßenrand. Es war der Obstverkäufer. Er war ihm hinterher gefahren, um ihm das Wechselgeld zurück zu geben. Irgendwie erscheint uns das symptomatisch für die Mentalität der Menschen in Myanmar.


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