Dienstag, 11. März 2014

12. Etappe: Weinende Gletscher und triefende Radler

Klick auf den Link "Karte", um zu sehen, wo wir sind.
Karte

Regen, Regen, Regen, jetzt schon den sechsten Tag, zwischendurch lockert es mal auf, auch die Sonne schaut mal kurz hinter den Wolken hervor, Hoffnung spendend, mit schönem Regenbogen, aber dann wieder: Regen. Kein Wunder, sind wir doch in der regenreichsten Region Chiles. Bislang von der Sonne verwöhnt, hat es uns jetzt erwischt.



Trotzdem fuhren wir am Donnerstag, 6.3.14 von Coyhaique aus los, mit einer neuen hydraulischen Vorderbremse an Heiners Rad und einem neuen Gaskocher. Der Benzinkocher hatte endgültig seinen Geist aufgegeben. Es ging zunächst weiter auf Asphalt durch das schöne Flusstal des Rio Simpson, eng, mit steilen Berghängen, tief hängenden Wolken, intensiv grün, menschenleer, mit zahlreichen Wasserfällen, unten der reißende Fluss. An der Abzweigung 30km vor Puerto Aysén rechts ab in das Tal des Rio Manihuales, breiter, mit Weidewirtschaft, mehreren estancias, die Talsohle gerodet oder brandgerodet, tote Baumstämme liegen noch überall.






Weiter gibt es steile, grüne Berghänge, ein intensives Licht, Regenbögen. Zwei Pässe waren zu überwinden, gegen 19.oo Uhr kamen wir nach 80km in dem kleinen Ort Villa Manihuales an. Zahlreiche Biker bevölkerten bereits den Ort, wir fanden ein schönes Zimmer in einer richtig stilvollen hospedaje.



Am Freitag folgten dann weitere 55km durch ein sehr schönes, breites Tal bis Villa Amengual. Zusammen mit Anita, Christiane und Stefan hatten wir inzwischen ein super Biker-Team gebildet. Sie hatten richtig Kultur in unseren Tagesablauf gebracht, mehr Pausen mit einem Stück Schokolade, richtigem Espresso unterwegs. Wir bezogen Zimmer in einem hostal gegenüber der gelb gestrichenen, inzwischen aber ziemlich abgeblätterten Kirche. Abends gab  es "cordero del horno", Lamm, selbst im Ofen gebraten mit Hilfe der Wirtin, üppig, lecker.

Der Regen ermutigte nicht zur Weiterfahrt, wir blieben noch einen Tag in Villa Amengual. Doch dann hielten uns auch die drohenden Wolken nicht auf, weiter ging es am Samstag, 8.3.14 noch 30km Asphalt genießend, durch das Tal des reißenden Rio Cisnes, vorbei am Piedra del Gato, dem Katzenfelsen, anschließend hatte uns der Schotter wieder.




 Es ging über einen Pass, dann 30km bergab, in strömendem Regen, die Schönheit der Landschaft nahmen wir deshalb kaum wahr. Den Ventisquiero Colgante, den eindrucksvollen hängenden Gletscher allerdings konnten wir bereits sehen, zumindest den oberen Teil. Dieser Gletscher gilt zurecht als eines der ganz besonderen highlights einer Chile-Reise. Spektakulär liegt er zwischen den Bergen, über eine Felskante 100m in die Tiefe abbrechend. Abends erreichten wir, triefnass und durchgefroren, den Campingplatz im Eingang des Nationalparks Queulat.







Regen hielt uns lange am Campingplatz fest. Doch dann entschlossen wir uns doch, den Sendero Mirador Ventisquiero Colgante zu gehen, 3,3km, hin und zurück knapp 3 Stunden. Es war eine fantastische Wanderung durch einen Märchenwald, riesige, eindrucksvolle lengas, Bambus-Sträucher als Unterholz, Totholz, hohe Farne, riesige Nalca-Blätter, eine Art Rhabarber, blühende Fuchsien, Felsen und Baumstämme überzogen mit Moosen und Baumfarnen, alles intensiv grün, urwüchsig, feucht, Regenwald, und es hätte uns nicht gewundert, wenn Gnomen und Elfen hinter den Farnen hervor gelugt hätten.  Den Charaktervogel des Parkes, den chucao, unserem Rotkehlchen ähnlich, war sehr zutraulich und mehrfach zu sehen. Und dann der Blick auf den Gletscher, leider  an diesem Tag im oberen Bereich durch Wolken verhangen. Wir konnten heute die zwei gewaltigen Wasserfälle sehen, die mit Getöse in die Tiefe stürzen. Begeisternd, trotz der nur eingeschränkten Sicht. Vom Zeltplatz aus konnten wir immer wiedcr das Kalben des Gletschers hören, wenn Eisbrocken mit lautem Rumpeln in die Tiefe stürzten.








Die unwiderstehliche Sehnsucht nach einem trockenen, warmen Bett veranlasste uns gegen Abend noch, die patschnassen Zelte abzubauen und 22km bis Puyuhuapi zu fahren. Dort mieteten wir eine cabana, ein Ferienhäuschen, mit warmem Ofen, eigener Küche, warmer Dusche, paradiesisch. Zu unserer Freude trafen wir immer wieder unsere drei jungen französischen Freunde, die French guys, die meist nach uns wegfahren, aber trotz abenteuerlicher Fahrräder schneller sind und abends jeweils früher ankommen. Puyuhuapi wurde 1935 von vier Sudetendeutschen an einem ehemaligen Rastplatz der Chono-Indianer gegründet, am Rande des Fjords im damaligen Urwald. Die deutsche Atmosphäre wirkt bis heute nach, in mehreren Hotels wird noch deutsch gesprochen.
t

Keine Kommentare: