Strahlende Sonne, Strand und Meer. Schwimmen, Schnorcheln, in der Hängematte liegen, einen Drink schlürfen, die Seele baumeln lassen. Paradiesisch. So lässt sichs leben. All das ist angesagt am Indischen Ozean im Süden von Kambodscha, an dem wir inzwischen angelangt sind.
Doch immer der Reihe nach. Der letzte post endete in Siam Reap, und von dort aus fuhren wir mit dem Bus bis Phnom Penh. Mit dem Rad zu fahren ersparten wir uns, bei dem Verkehr auf den highways macht das keinen Spaß. Selbst mit dem Bus war es Horror genug, Stop and go von Baustelle zu Baustelle.
In Phnom Penh blieben wir vier Tage. Wir logierten sehr angenehm im "Natural House" in der 172. Straße für 25$/DZ. Es ist eine tolle Stadt, lebendig, wuselig, mit engen Gassen, wie wir es schon von anderen asiatischen Großstädten kennen.
Mit einer breiten, schön ausgebauten Promenade, mehrere Kilometer lang am Tonle Sap-Fluss. Es erinnerte uns etwas an Nizza, auch mit einer französisch angehauchten Atmosphäre mit alten Kolonialbauten, teils verfallen, teils gut erhalten wie das Post-Office. Der Verkehr erscheint auch hier völlig chaotisch, wenige Ampeln nur an zentralen Kreuzungen, ansonsten gibt es anscheinend keinerlei Regeln.
Man schlängelt sich durch, das Überqueren einer breiten Straße funktioniert mit einer Mischung von forschem Fahren und Rücksichtnahme. Prägend sind die Mopeds und Tuc-Tucs (Mopeds, zum Transport von Passagieren umgebaut), allerdings gibt es erstaunlich viele Lexus und andere dicke Autos, die sich mit der Hupe Respekt zu verschaffen suchen. Für den Besuch des Königspalastes hat uns der König keine Audienz gewährt bzw. er war gerade geschlossen wegen der Mittagspause. Wir genossen einfach diese Stadt ohne Besichtigungsprogramm, das hatten wir in Siam Reap genügend, schlenderten durch die Gassen und über die Promenade, saßen in Cafes und atmeten die Atmosphäre.
Wenig erinnert an die Zeit von 1975 - 79, also noch gar nicht so lange her, als Phnom Penh unter der Diktatur der Roten Khmer eine Geisterstadt war. Die gesamte Bevölkerung wurde aufs Land evakuiert, um eine abstruse Form von Steinzeit-Kommunismus zu verwirklichen. Man spricht heute von Völkermord: Millionen Menschen, fast ein Drittel der damaligen Bevölkerung Kambodschas, fielen dem zum Opfer, elend verhungert, auf Gewaltmärschen gestorben, erschossen oder einfach erschlagen (man wollte Munition sparen). Getroffen waren vor allem die Gebildeteren, selbst das Tragen einer Brille war verdächtig, z.B. wurden 80% der Lehrer umgebracht. Das Völkermordmuseum Tuol Sleng erinnert daran.
nur die Büsten Pol Pots hinter Gitter |
Tausende von Menschen wurden dort inhaftiert und grausam gefoltert, kaum mehr als eine Handvoll überlebten. Es erschütterte uns wieder einmal, zu welchen Grausamkeiten fanatisierte Menschen fähig sind. Einen Besuch der Killing fields vor der Stadt, wo die Insassen von Tuol Sleng schließlich ermordet und verscharrt wurden, ersparten wir uns dann.
Von Phnom Penh aus radelten wir in zwei Tagen (einmal 86km, einmal 102km) Richtung Süden zur Küste, entlang des nicht ganz so befahrenen highway 2 über Takeo. Die Landschaft war flach, links und rechts Reisfelder, abgeerntet und von Kühen und Büffeln als Weide genutzt.
Wie gewohnt war die Straße beiderseits von lang gezogenen Dörfern und Bauernhöfen, den typischen Stelzenhäusern, besiedelt. Bei einer Übernachtung fanden wir uns unversehens in einer Art "love-hotel", wie es sie auch in Japan gibt. Das bemerkten wir aber erst im Laufe der Nacht aufgrund des munteren Treibens, das rundherum stattfand (außer Heiner, der hatte einen zu tiefen Schlaf und merkte gar nix). Es handelt sich keineswegs um Prostitution, vielmehr wird es von Liebes- oder auch Ehepaaren stundenweise oder auch für eine Nacht für 5 - 7$ genutzt, die bei der häuslichen Enge und der Großfamilien-Situation zu Hause keinen adäquaten Platz für die Liebe finden. So ganz passten wir mit unseren Fahrrädern da nicht rein.
Und dann, Hurra, die Ankunft am Indischen Ozean. Wir erreichten ihn in dem kleinen Badeort Kep nahe der vietnamesischen Grenze. Der Ort hat schöne Strände, leckeres seafood und Fisch, und man trifft auch auf viele einheimische Familien als Feriengäste.
Über das sehr schöne Städtchen Kampot mit seinem ausgedehnten französischen Viertel ging es dann weiter zu dem Fischerdorf Koh Kchhang und von dort mit einem Boot nach einstündiger Fahrt vorbei an Mangroven-Wäldern auf die Insel Koh Thmei.
Dort empfingen uns Kavita und Michael, ein deutsches Ehepaar, mit ihren einheimischen Mitarbeitern auf ihrem Resort, das wunderschön und einsam auf dieser fast unbewohnten Insel liegt.
Drei Tage blieben wir, bewohnten einfache, aber bequeme Holzbungalows für je 35$ für zwei bis drei Personen, ließen uns von gutem Essen und herrlichen Drinks verwöhnen und genossen die schönen weißen Sandstrände, die Ruhe (wenn man nicht, wie Christiane und Stefan, einen Gecko im Zimmer hat, der sich nachts lautstark meldet), das warme Wasser und den Urwald, der die Insel noch bedeckt. Ein Bootsausflug führte uns zum Schnorcheln zu einem Korallenriff. Einmalig, diese bunte Unterwasserwelt zu erkunden.
Das Kontrastprogramm erreichten wir einen Tag später in der Stadt Sihanoukville. Hier ist party angesagt, ein Strandcafé neben dem anderen, Karaoke überall, viele hippe Touristen mit besonders zur Schau gestellter Ausgeflipptheit. Aber für zwei Tage lässt sich das aushalten, in einem bequemen Sessel im Strandcafé sitzend, einen Caipirina schlürfend und auf das Meer schauend oder die spärlich bekleideten Schönheiten bewundernd. Und Thomas musste sich seine Krone reparieren lassen (die Zahnkrone natürlich, bei einem Zahnarzt).
Seit Mitte Dezember sind wir jetzt schon von strahlendem Sonnenschein verwöhnt, wir haben eine gute Mischung von Radfahren, Sightseeing, Stadtbummel und Erholung am Strand. Es geht uns gut und wir fühlen uns in Kambodscha pudelwohl. Ähnlich wie in den Ländern bisher sind die Khmer überaus gastfreundlich, überall erleben wir ein herzliches Willkommen. Auch hier gibt es sehr viele Kinder, die uns überall mit lautem Hallo begrüßen, das Durchschnittalter in Kambodscha liegt bei 21 Jahren. Der Familienzusammenhalt ist sehr wichtig, für Individualität und Privatsphäre gibt es wenig Raum, und Kinder sind erkennbar der Stolz jeder Familie, überall dabei, wachsen sehr sozial in einer großen Geschwisterschar auf und werden sehr liebevoll behandelt, ohne künstlich in den Mittelpunkt gerückt zu werden wie man das bei unseren Einzelkindern teilweise erlebt.
Dennoch haben wir mehr und mehr auch die Kehrseite dieses schönen Landes wahrgenommen. Das ist nicht nur der Dreck und die Mengen an Plastikmüll, die überall in den Dörfern, entlang der Straßen und direkt neben den Häusern den Boden bedecken, ohne dass es anscheinend jemanden stört.
Lediglich an Touristenzentren wird der Müll weggeräumt. Da ist auch die Korruption, Grundlage für die meisten Luxuswagen, die man auch hier immer wieder sieht. Da ist die Tatsache, dass nur einmal im Jahr Reis geerntet wird, obwohl zweimal möglich wäre, wenn die Bewässerungssysteme, die zumindest teilweise vorhanden sind, in Ordnung wären. Dass Obst überwiegend importiert wird, obwohl die Bedingungen für eigene Kulturen vorhanden wären. Und da ist vor allem der Ausverkauf des Landes. Große Teile, u.a. ein Großteil der Inseln hier oder sogar das Weltkulturerbe Angkor Wat sind langfristig für 99 Jahre an ausländische Investoren verpachtet, meist Chinesen und Russen. Auf Naturreservate wird dabei keine Rücksicht genommen, Bewohner werden in großem Stil enteignet und umgesiedelt. Ganze Küstenstreifen sind bereits zugepflastert mit teuren Hotelresorts und Spielkasinos, viele vor kurzem errichtete Hotelanlagen stehen als Investitionsruinen schon leer, nicht weit entfernt findet man erbärmliche Slums, in den Städten erschüttert die hohe Anzahl von Bettlern, insbesondere bettelnde ältere Frauen, zumal es keine sozialen Sicherungssysteme gibt. Von vielen Inseln weiß man, dass die jetzige Idylle bald vorbei sein wird.
Wir werden uns in den nächsten Wochen von Insel zu Insel, entlang der Küste mit ihren Mangrovenwäldern und durchs Kardamongebirge - mit den letzten Resten an Dschungel, der noch nicht an Investoren verhökert wurde - auf Thailand zu bewegen. Auf unsere weiteren Abenteuer sind wir sehr gespannt.
Im folgendem Link sind unsere Reiseroute und unsere Etappen auf der Karte dokumentiert. Stefan sorgt immer für Aktualisierung:
Reiseroute auf Karte
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