12 Ins Land der Khmer


Erwartungsvoll fuhren wir südlich der viertausend Seen über die Grenze nach Kambodscha, dem vierten Land unserer SO-Asien-Tour. Aber zunächst  erwartete uns nichts Berauschendes. Doch das Schild "Vorsicht, Landminen" gleich am Anfang jagte uns schon einen Schreck ein. Die Straße war halbwegs asphaltiert, unterbrochen immer wieder von sandigen Abschnitten, die Sonne brannte sengend vom Himmel, die Umgebung fast menschenleer. Links und rechts offene Landschaft, trockene, rote Erde, Büsche mit lockerem Baumbestand, überall Brandrodungsflächen. "Heißer Sand und ein verlorenes Land", dieser Song aus den 60ern kam uns in den Sinn. Dann vereinzelt Holzhütten, klein, windschief, selten zu winzigen Dörfern gruppiert.


Erst als wir uns nach fast 50km Stung Treng näherten, der ersten kambodschanischen Stadt auf der Strecke, nahm die Besiedlung etwas zu. Insgesamt ist dieses Land mit seinen 14 Mio Einwohnern nur dünn besiedelt.


Stung Treng wirkte wie eine unfertige Baustelle, der Straßenbelag endete auf beiden Seiten in einem breiten, sandigen Bürgersteig, überall Plastikmüll,  kleine Läden, die sich auf den Bürgersteig ausdehnen, viele Mopeds. Die beiden einzigen Geldautomaten im Ort funktionierten nicht. Für 15$ pro DZ fanden wir eine akzeptable Unterkunft. US-$ und heimische Riel (1$ = 4000 Riel, wir bleiben also Millionäre) werden gleichermaßen verwendet.
Am kommenden Morgen fuhren wir über die nagelneue, erst im Dezember 2014 fertig gestellte Brücke über den Mekong westwärts, weiter auf einer ebenfalls in diesem Jahr frisch asphaltierte Straße, die die bisherige Sandpiste ablöste.


Die Besiedlung entlang der Straße hatte etwas zugenommen, alle paar hundert Meter eine ärmliche Holzhütte, teils mit Stroh, Plastik oder Wellblech ergänzt.



Weiterhin gab es kaum Verkehr, kaum Autos, fast nur Mopeds, mit denen so ziemlich alles transportiert wurde was denkbar ist, und kleine Traktoren vom Typ Agria.


Leckere Softdrinks

Reisschälmaschine 
 Obwohl eine einzelne bescheidene Stromleitung die Straße begleitete, hatten die Häuser keinen Strom. Ein Generator oder eine Autobatterie halfen aus. Dafür stand alle ca. 10km ein nagelneuer Handy-Mast. Und jedes dritte Haus war zugleich Tankstelle - in einem Holz- oder Metallgerüst waren Cola- oder Whisky-Flaschen mit Zweitaktbenzin gefüllt.



Benzin oder Cola ?

Cola oder Benzin?

Ab und zu ein Karren, meist Aufleger eines Mopeds, überladen mit Haushaltsgeräten, Kleidung, Plastikzeug o.ä. als fliegender Händler. Unverkennbar: Kambodscha ist noch einmal eine Stufe ärmer als Laos.
Was jede Hütte so braucht


noch "leben" die Schweine

Holzkohlefeueröfchen für die Hütte und das Restaurant
 Auffallend war jedoch, dass immer wieder neue Holzhäuser dazwischen standen, meist noch im Bau.
Gurkenbaum, Früchte sind sauer, gehört zur  Gattung der Sternfrucht

Rauchsäulen kündeten von frischen Brandrodungsflächen. Ein Besiedlungsprogramm oder Ansiedlungen von sich aus aufgrund der neuen Straße? Die Atmosphäre hatte etwas von Wildem Westen. Im Gegensatz zu den Ländern davor gibt es auffallend wenig Kühe oder Wasserbüffel, die Landschaft ist wenig genutzt, nur ab und an Reisfelder, Yucca, Bananen, Ananas oder Kautschukplantagen.

Ananas Plantage



 Der ursprünglich vorhandene Wald ist erheblich gelichtet, alle wertvollen Holzarten heraus geschlagen. Holzexport, vor allem nach China und Thailand, ist ein entscheidender Wirtschaftsfaktor. Mit der Folge, dass auch in Kambodscha der größte Teil des Waldes in den letzten Jahrzehnten verschwunden ist. Aber immerhin, zumindest lockerer Baumbestand ist hier noch vorhanden, der einst üppige Bestand an Wildtieren ist verschwunden, aber mit einer vielfältigeren Vogelwelt als zuvor.

85 km fahren wir an diesem Tag, bei gnadenlos sengender Sonne, aber weitgehend flacher Strecke. Jedes kleine Lüftchen, selbst das bisschen Fahrtwind sind eine Wohltat. Auch hier werden wir überall von den Menschen, vor allem den zahlreichen fröhlichen Kindern herzlich begrüßt, überall wird gewunken, gibt es großes Hello (was immer klingt wie Hellau).


 Große Truhen vor den Häusern, mit riesigen Eisblöcken gefüllt, künden von kühlen Getränken, für die wir gerne eine kleine Pause machen. Essensangebote gibt es kaum. Im nächsten Ort Chheab finden wir eine Bleibe für die Nacht, obwohl kein Guesthouse verzeichnet war. 5$ zahlen wir pro Raum, eigentlich Holzverschläge, mit Doppelbett. An einem Wassertrog können wir uns sogar waschen.

Noch vier weitere Tage benötigen wir bis Siem Reap, einschließlich der Besichtigung von Tempelanlagen. Wir weichen teilweise auf nicht-asphaltierte Nebenstraßen aus, die sportlicher sind und mehr Spaß machen. Übrigens: Inzwischen sind wir bereits über 2500 km insgesamt geradelt. Die kleinen Städtchen  unterwegs wirken triste und schmuddelig. Erst in der Nähe von Siem Reap ist ein höherer Lebensstandard spürbar, immer wieder hübsche Häuser dazwischen, schön gestaltete Alleen mit Palmen.



Wir treffen relativ häufig auf Menschen, die Englisch sprechen. Als modisch bei Frauen gilt ein Kleidungstyp, den wir als Pyjama ansehen würden. Schulkinder tragen dunkle Röcke oder Hosen und weiße Blusen oder Hemden.



Im Unterschied zu den anderen Ländern in SO-Asien isst man in Kambodscha nicht scharf, und der Entzug von den leckeren, scharf gewürzten Süppchen hat bereits eingesetzt. Meist gibt es, jedenfalls unterwegs auf dem Land, gebratenen oder gekochten Reis mit Gemüse und Fleisch plus Soße. Richtig begeistert hat es uns bisher nicht. Sehr lecker: Frische Kokosmilch aus Kokosnüssen!


Begeistert waren wir allerdings von den hinduistischen Tempelanlagen Koh Ker und Beng Mealea, die wir auf unserem Weg besuchten. Koh Ker, für ca. 40 Jahre Hauptstadt des Khmer-Reiches und um 920 - 950 erbaut, beherbergt auf einer Fläche von 9x9km verstreut über 40 verschiedene Tempelruinen einschließlich einer Stufen-Pyramide mit sieben Stufen, eine Neuheit in der Kunst der Khmer. Angeblich liegt es in einem Dschungel-Gebiet, aber von Dschungel ist heute nicht mehr viel vorhanden. Zu bewundern sind sorgfältig gearbeitete Skulpturen und Reliefs. Koh Ker ist immer noch ziemlich unbekannt und erst in den letzten Jahren von der Öffentlichkeit entdeckt worden.


Ähnliches gilt für Beng Mealea, erbaut wahrscheinlich im 12. Jh. Ursprünglich eine Tempelstadt, von mehreren tausend Menschen bewohnt, war sie über Jahrhunderte von Urwald überwuchert. Man kann hervorragend studieren, wie Bäume diese Tempelanlage zurück erobert und gesprengt haben. Manche Ruinen werden allerdings nur noch von Baumwurzeln gehalten. Es ist ein sehr eigener, morbider Charme, den diese Ruinenwelt verströmt.






Und dann kam bei Siem Reap die Superlative aller Tempelanlagen, das weltberühmte Angkor Wat. Doch davon im nächsten Post.






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