DI -04 Cycling Europe: ITALY Gargano

DI -04 Cycling Europe: ITALY Gargano

Traumtour vom Main bis zum antiken "Ende der Welt" , wo adriatisches und ionisches Meer sich treffen - am Stiefelabsatz Italiens. Teil 4


                                Tourenanimation Gargano

                                  Tourentagebuch "Gargano"

                                          gpx track Gargan

 Film zu unserer Tour "2021 Bikepacking Trans Italia - Vom Brenner bis Santa Maria di Leuca"

                                                            Strecke auf Komoot




In der Stadt Pescara begrüßte uns am 12.9.2021 wieder die Küste der Adria. Doch in dieser Stadt hielt uns nichts, Hotel reihte sich an Hotel,  

kilometerlange Sandstrände waren üppig möbliert mit Strandliegen und Sonnenschirmen, endlos in 20 Reihen und mehr hintereinander, jetzt in der Nachsaison kaum mehr belegt. Das war gar nicht unser Ding. 

Nach einem Espresso ging es weiter, auf wenig befahrener Straße den Strand entlang. Nach einer Weile nahm uns eine felsige Küste in Empfang. Es gab kleine Wochenendgrundstücke, Weinanbau, Campingplätze. Auf einem besonders schönen dieser Campingplätze bei Ortona, dem Ripari di Giobbe, ließen wir uns nieder. Er war auf einem ca 50m hohen Felsmassiv angelegt und reichte in einer kleinen Bucht bis hinunter zum Strand. Zwei Tage blieben wir, erholten uns von der Bergetappe, genossen Sonne, Strand und Meer, das gute Essen im Restaurant und als Aperitivo Aperol Spritz, das angesagte Mixgetränk im italienischen Sommer. 

Bis in die Po-Ebene hatten wir immer wieder andere Langstreckenradler getroffen, die meist die Route bis Venedig fuhren. Jetzt waren es entweder italienische Rennradler oder Camper, die mal für einen Tag aufs Rad umstiegen. Bei der Schilderung unserer Route ernteten wir immer wieder ungläubiges Staunen.

Schließlich verabschiedeten wir uns von unserem Campingplatz und fuhren über viele Kilometer bequem auf einem wundervollen Radweg entlang einer ehemaligen Bahnstrecke, links das Meer, rechts die felsige Küste. 



Immer wieder kamen wir an Trabuccis vorbei, eigenartige Holzgerüste mit einer Art langer Fangarme. An ihnen sind Netze befestigt, die ins Wasser abgelassen werden, um Fische zu fangen, die mit der Strömung entlang der Küste schwimmen. 






Abends blieben wir auf dem Campingplatz „Sabbio d‘Oro“, der aufgrund der Nebensaison nur noch mäßig besetzt war, der Platz daneben, den wir eigentlich angesteuert hatten, war bereits geschlossen. Aber das Meer war immer noch warm und lud zum Baden ein. 



Am folgenden Tag mussten wir fast durchweg auf einer stark befahrenen Landstraße fahren. Die hatte zwar meist, wenn auch nicht immer, einen Seitenstreifen, Trotzdem war es unangenehm wegen der zahlreichen dicken LKW, die offenbar die Maut auf der nahen, parallel verlaufenden Autobahn umgehen wollten. Zudem haben wir italienische Autofahrer als recht rasant kennengelernt. Teils durchaus rücksichtsvoll, aber wenig an Radler gewöhnt. Der gebotene Abstand von 1 1/2 Metern wird oft erheblich unterschritten. 

Bei der Ausfahrt aus der schönen Stadt Termoli passierte es dann auch. Ein PKW fuhr an einer Straßenecke abrupt rechts ab wenige Zentimeter vor Heiner Und schnitt ihm den Weg ab. Heiner stürzte unsanft auf die Straße und fiel auf seinen Fahrradlenker  mit den herausragenden Hörnchen an den Seiten. Der nachfolgende Verkehr hielt Gottseidank rechtzeitig an, der Unfallverursacher fuhr einfach weiter. Seitdem hat Heiner Schmerzen in der linken Brustseite, wahrscheinlich aufgrund von Prellungen der Rippen. 

Mit der Stadt Lesina erreichten wir schließlich den nördlichen Anfang des Gargano, des in die Adria ragenden Sporn im Süden des italienischen Stiefels. Es war ein herrlicher, stimmungsvoller Abend, vorn am Meer auf der Promenade des Ortes zu schlendern, bei lauer Luft und Sonnenuntergang und, natürlich, einem Aperol Spritz.

Nach Lesina folgen zwei Binnenseen, mit Salz-und Süßwasser gemischt, durch schmale Lagunen vom Meer abgetrennt: der Lago di Lesina und der Lago di Varano. Den ersteren mussten wir umfahren, bei dem Lago di Varano konnten wir die Lagune entlang fahren, beides über verkehrsarme Nebenstraßen. Auf der ganzen Strecke fuhren wir an zahlreichen Hotels, Ferienanlagen und Campingplätzen vorbei, die teils seit Jahren aufgegeben wurden und völlig verrottet sind. Ein trostloser Anblick.

Am  Nachmittag passierten wir den Ort Rodi Garganico, wie viele Städte des Gargano wunderschön exponiert hoch oben auf einem Marmorfelsen über der Adriaküste erbaut. Wir blieben für zwei Tage auf dem nahen Campingplatz „Baia Calinella“ in einer kleinen Bucht. Auch dieser Campingplatz war jetzt Mitte September nur noch mäßig besetzt.

Anschließend ging es empfindlich hoch auf mäßig befahrener, guter Straße durch die schöne Stadt Peschici mit fantastischem Blick hinunter auf die Küste, felsig, zerklüftet, immer wieder mit herrlichen kleinen, versteckten, oder auch größeren Buchten mit schönen Stränden. Und immer wieder vorbei an Ruinen von Sarazenen-Wachtürmen, errichtet zum Schutz vor Überfällen von Piraten in früheren Zeiten.

 Unterwegs bekamen wir einen Eindruck von dem unter Schutz stehenden Foresta Umbra, dem Laubmischwald, der noch große Teile der Berge im Inneren des Gargano bedeckt. Es sind die kärglichen Reste des üppigen und typischen  Waldes, der Sich einst über ganz Italien erstreckte, bevor die Römer ihn abholzten. 

Unsere nächste Station, und das für zwei Tage, hieß Vieste, ein absolutes  Highlight an der Küste des Gargano. Eine sehr schöne Altstadt, wieder ein unvergesslicher Blick hinunter auf die Adria, mittelalterliche Kirchen, enge Gassen, die zum Promenieren einladen. An der höchsten Stelle ein wuchtiges Castello, von dem Stauferkönig Friedrich II erbaut, am Ortsausgang der „Monolite Pizzomunno“, ein hoch aufragender, phallus-artiger Kalkfelsen, das Wahrzeichen von Vieste. Es gab noch relativ viele Touristen, meist italienische, aber auch das Alltagsleben der Bewohner war spürbar, z.B. durch das bunte Beflaggen der engen Gassen mit frisch gewaschener Wäsche am Sonntag. 


Wir wohnten mitten in der Stadt im Hotel „Rocca sul Mare“ , einem ehemaligen Kloster, mit ehrwürdigen, hohen Räumen, in der Mitte ein Salon mit alten Möbeln, zum Wohlfühlen. Francesco Mafrolla, der Besitzer, Mitglied einer alt-eingesessenen Familie, verkauft gleichzeitig Bio-Olivenöl aus eigener Produktion. 


Besonders schön war die Bekanntschaft mit Mone aus Hamburg, einer hübschen jungen Frau, die mit einem Interrail-Ticket für mehrere Wochen unterwegs ist. Wir hatten sehr interessante Gespräche, teilen mit ihr unsere Begeisterung für Reisen und Abenteuer, für das Gefühl des Ungebunden-Seins, für die Entdeckung fremder Länder





und die Begegnung mit anderen Menschen. Als wir ihr unser Alter verrieten, fiel sie aus allen Wolken. Aber sie war begeistert, dass man dann noch solche Abenteuer unternehmen kann. 


Wir müssen gestehen, dass wir zwar einen Gaskocher und Essgeschirr dabei haben, dies aber fast nur zum Kaffee-Kochen verwenden. Zu begrenzt sind die Möglichkeiten der Camping-Küche, zu verführerisch das kulinarische Angebot Italiens. Allerdings: Letztlich sind wir von der italienischen Küche etwas enttäuscht, mit Ausnahme einiger guter, meist kleinerer Trattorias, die uns empfohlen wurden oder die wir eher zufällig fanden. Vielleicht lag es daran, dass wir hochpreisige Restaurants mieden. Klar, Pasta und Pizza satt war zu erwarten. Nicht aber die mangelhafte Würze der Speisen,  das Fehlen von Knoblauch und vor allem von Kräutern, die man hier in der Natur in allen Variationen findet. Schade.

Natürlich hat uns nicht überrascht, dass Italien sehr katholisch ist. Kathedralen und Heilige gibt es an jeder Ecke. Der Gargano war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Wirkungsstätte von Padre Pío. Er zeigte angeblich die gleichen, sogar blutenden Wundmale wie Jesus. Die katholische Kirche war zunächst sehr skeptisch, hat ihn aber schließlich zum Heiligen befördert. Er wird in ganz Süditalien sehr verehrt, sein Bild findet sich überall und sein Wirkungsort, San Giovanni Rotondo, ist heute ein Pilgerort




Mattinata war schließlich unsere letzte Station an der Küste des Gargano, es ging gewaltig auf und ab auf guter Küstenstraße, und das bei großer Hitze, 1020 Höhenmeter kamen zusammen auf der schönen, aber in diesem Abschnitt recht einsamen Küstenstraße. Anstrengend, aber inzwischen waren wir gut trainiert und schafften das problemlos. Weinanbau und grossflächige Olivenplantagen auf steinigem Untergrund empfingen uns hier. Bei einem Anstieg begegneten wir dem französischen Paar Pascale und Ricardo. Zwei begeisterte Fernradler wie wir, mit denen wir uns auf Anhieb verstanden, die noch ein Stück verwegener sind mit normalerweise wildem Campen und der Absicht zu einer Tour um die halbe Welt ohne festen Zeithorizont. „We shall meet us again, somewhere in the world“, so verabschiedeten wir uns. 

Wir werden den Gargano in Erinnerung behalten als eine der faszinierendsten und eindrucksvollsten Gebiete auf unserer Route durch Italien.


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